(Cheddar / Wells / Glastonbury) – Was für ein Tag! Die vergangene Nacht habe ich nicht ausreichend geschlafen, es nieselt, und eiskalt ist es auch. Ich bin dementsprechend angepisst als ich frühmorgens zu einem kleinen Spaziergang durch Cheddar Gorge aufbreche. Nachdem ich die Schlucht gestern von oben gesehen habe, gebe ich sie mir heute aus der Froschperspektive, was nicht minder beeindruckend ist. Um Punkt 8 Uhr (für mein Empfinden erst 7 Uhr, weil Zeitumstellung) stehe ich bei „Costa Coffee“ auf der Matte und hole mir meinen Americano samt Belgian Chocolate Brownie (GF). In Bristol habe ich die Kette sehr zu schätzen gelernt. Auch wenn mich die Filiale inmitten der Felsschlucht ein wenig irritiert, bin ich von dem Kaffee sehr angetan. Das Frühstück in meiner Unterkunft kriege ich nämlich erst in einer Stunde serviert.
Gestärkt durch ein Full English Breakfast plane ich meine weiteren Schritte. Einen Besuch der Gough’s Cave (Tropfsteinhöhle und Fundort des „Cheddar Man“) schließe ich angesichts des Eintrittspreises aus; auch egal, Stalagtiten tropfen überall gleich, und außerdem war ich ja 1994 schon mal drin. Ob wir uns damals auch die Produktion des Cheddar-Käses angeschaut haben, kann ich mich nicht mehr entsinnen, also rein mit mir. Ich mag den Cheese ja sehr gern, und im Vergleich zu dem, was an Sorten hier angeboten wird, können Billa, Merkur und Spar einpacken.
Weil die Busse aus Cheddar Richtung Wells nur alle 3 Stunden abgehen, möchte ich nicht Gefahr laufen, den zu verpassen. Die Umgebung ist zwar wunderschön, aber ich bin die kleine Ortschaft auf der Suche nach Accomodation, Kaffee, u.ä. mindestens 10 Mal auf- und abgelaufen, und irgendwie mag ich nicht mehr.
25 Minuten später bin ich in Wells, Englands kleinster Domstadt. Eine wahrlich imposante Kathedrale, die hier errichtet wurde. Drinnen höre ich einem Chor, dessen Mitglieder alle in blitzblauen Talaren gewandet sind – bei der Probe zu. Wieder lege ich (Kilo-?)Meter zurück, indem ich den Dom und den angeschlossenen Bischofspalast umrunde. Es nieselt übrigens immer noch, und mein Schuhwerk lässt trotz Imprägnierens nun doch Nässe rein. Damn!
Eine weitere Busfahrt bringt mich an mein Tagesziel: Glastonbury! Bekannt durch das riesige Open-Air-Musik-Festival, das jährlich im Juni stattfindet, und durch die Abtei, ein uraltes christliches Heiligtum. Letztere haben wir auch bereits 1994 besichtigt. Ich stelle fest, dass der (Be)Eindruck von damals immer noch aufrecht ist. Der Garten lädt zum Herumschlendern ein, und die Abbey-Ruinen geben fantastische Fotomotive ab. Auch die Sonne lässt sich blicken. Ich betrachte diesen Besuch als eine Reise in die Vergangenheit – und jetzt ganz abgesehen von König Artus, der hier angeblich im 12. Jhdt. begraben wurde – zunächst in meine eigene, die weniger lang zurückliegt. Ich erinnere mich, wie die Schulkollegen über die Wiesen getobt und gesprungen sind und muss lachen. Die Erinnerungen stimmen mich glücklich und zufrieden.
Glastonbury selbst würde ich als verschlafenes Nest bezeichnen. Von der sich drum herum rankenden Artus-Sage bzw. -Legende ausgehend, dominiert hier eindeutig der Eso-Kult bzw. die New-Age-Bewegung. Wie das bei Sagen so ist, weiß man nicht, was und ob’s stimmt, und wahrscheinlich sind es genau die Magie, das Mystische und das Ungewisse, die uns so bei Laune halten. Ist Glastonbury also tatsächlich die Insel Avalon ist, auf der Artus seine Schlachtverletzungen ausgeheilt hat? Und was hat es mit dem Heiligen Gral auf sich? Die Geschäfte in der Kleinstadt (knapp 9000 Einwohner) jedenfalls machen genau damit ihr Geschäft: Wahrsagerei, Handlesen, Hippie, Astrologie, Tarot, Ritter, Drachen und Dämonen, Elfen und Hexen, Zauberei, Yin Yang, Hanf etc. – wem’s gefällt?