(Sonntag, 6.7.) – Was für ein aufregender Tag!
Von Kandy bin ich gegen 10:30 Uhr nach Polonnaruwa (Shathis kürzt es mit „Polo“ ab) per Bus aufgebrochen. Eigentlich hätte er laut Plan (welcher Plan ?) um 10 Uhr abfahren sollen, aber in Sri Lanka ticken die Uhren anders. Gefahren wird erst, wenn der Bus voll ist, so zumindest mein Eindruck. Ich nehme als einzige Weißhaut in einem der zahlreichen Busse, die am Busbahnhof in Kandy abgehen und dort in jeder Couleur, Größe und Ausstattung (meiner hat keine AC) vorhanden sind, Platz und werde mal ausgiebig begutachtet. Daran muss man sich erst gewöhnen. Ich versuche mich trotz meiner Auffälligkeit so unauffällig wie möglich zu verhalten. Bevors losgeht steigen noch unzählige Verkäufer (Obst, Getränke, Sicherheitsnadeln, Lose, Nüsse etc.) zu, die bei den Fahrgästen auf Geschäft hoffen. Auch ein Tambourin-Man geht durch die Reihen. Meine Nachbarin zückt ihren Geldbeutel. Ich versuche zu erkennen, welchen Schein sie im Begriff ist ihm zu geben. Ein rosaroter 20 Sri Lanka Rupee-Schein kommt zum Vorschein, und so tue ichs ihr gleich. Er gibt sich zufrieden und lächelt mir zu. Na bitte!
Während der vierstündigen Fahrt (Distanz: 140 km) biete ich ihr gewürzte Cashew-Nüsse an. Das freut sie, wir verstehen einander zwar nicht, aber snacken tun/müssen/wollen wir alle. Nach mehr als der Hälfte machen wir einen Zwischenstopp. Fein, das heißt Klo, Tschik, Kokosnuss. Es gibt eigene Smoking-Aereas, genaugenommen wellblechüberdachte Tische, an denen seitlich an Plastikschnüren befestigte Feuerzeuge runterbaumeln. Rund um mich sind nur Männer, ich tue mir also gerade in diesem Augenblick schwer jemanden zu finden, den ich nachahmen könnte. Wurscht, der Bus fährt an, es geht weiter. Ich bin am Weg zu Nimal und seiner Familie. Shathis hat mich via Telefon bei ihm angekündigt und mir zwei Nächte bei einer typisch sri-lankischen Familie versprochen. Ich bin aufgeregt! Direkt im Ortszentrum entlässt mich der Busfahrer in eine kleine Gruppe an Tuk Tuk-Fahrern, die mich alle gern chauffieren möchten. Ich wehre ab, indem ich wahrheitsgemäß betone, auf einen Fahrer namens Nimal zu warten. Womit ich nicht rechne ist, dass plötzlich jeder Einzelne behauptet, Nimal zu heißen: „Yeah, that’s me!“ Hmmm. Was tun? Der richtige Nimal befreit mich aus dieser misslichen Lage; nur er kennt meinen Namen, den er auch ausspielt/ausspricht: „Agnes?“ – „Yesssss!“
Er bringt mich eigentlich nur ein paar Meter weiter zu seinem kleinen Haus, wo schon die gesamte Familie auf mich wartet: Oma, Opa, Ehefrau, Schwägerin, Kids. Ich werde wahnsinning gastfreundlich aufgenommen und speise das bisher beste Gericht hier auf der Insel. Vegetarisch, scharf, köstlich! Die Kinder freuen sich wahnsinnig über die Mitbringsel, die ich von Astrid überantwortet bekommen habe. Bücher, Stifte, kleine Figuren, Werthers Echte. Polonnaruwa ist ein kleines Örtchen am Rande des UNESCO-Welterbes, der alten Königsstadt nämlich. Morgen schau ich mir die genauer an, es gibt liegende, sitzende und stehende Königsstatuen und Buddhas und noch vieles mehr.
Zwischenzeitlich – und hier muss ich gestehen, ich weiß nicht, ob das so schlau war – war ich zum „Duschen und Abkühlen“ im Kanal, der direkt an Nimals kleine Hütte grenzt. Mir ist an sich klar, den Einheimischen auch nicht alles nachmachen zu müssen (Stichwort Ganges), doch hier bin ich tatsächlich ohne Überlegung reingerutscht, nein ausgerutscht… und im Wasser gelegen. Naja. Das Wasser hat an sich eine ordentliche Strömung, und deswegen will ich jetzt den Teufel auch nicht an die Wand malen. Shathis hat jedenfalls Entwarnung gegeben.
Als ich am Nachmittag den Affen beim Schaukeln und Springen zuschaue, treffe ich – was für ein Zufall – auf Sebastian … aus Wien. Er ist Teil eines Servus TV-Kamerateams, das eine Doku über die kleinen Raser dreht. [Reminder an mich: Am 23.7. legt er im Vestibül auf; hingehen, wenn sichs ausgeht]
Jedenfalls bin ich fertig. Die Familie füttert mich massiv, ich muss quasi dauernd was essen. Nimal ist Koch, und seine Frau kann nicht minder gut kochen… Plain Hoppers, Egg Hoppers mit Dal und Sambol, und Fischcurry… und Bananen… und Arrack (Kokosnussschnaps) zum Verdauen. Den brauch ich. Und jetzt ziehe ich mich – wie die Monkeys – auf meinen Schlafbaum zurück. Gute Nacht!