Es ist nicht alles Gold, was glaenzt

Gestern haben Heike und ich eine aueszerst herzliche Bekanntschaft mit Divya und ihrer Familie geschlossen: Nidhin, Nigitha und die kleine Sruthy, um nur einen Teil davon zu nennen. Die junge Inderin (22) unterrichtet taeglich 8 bis 10 Schueler auf ihrer „Veranda“ in den unterschiedlichsten Gegenstaenden. Vor sechs Monaten hat sie Rajesh (31) geheiratet und uns stolz ihr fertiges Wedding-Album (noch nie hab ich so ein professionelles gesehen, schaut echt super aus!!!) praesentiert. Ja, und mit Tee und Keksen (ENDLICH!!!) wurden wir auch verwoehnt… wer kann da schon nein sagen…

Also stand sie rundum mit Goldschmuck behangen (Schmuck in Indien besteht zu einem groszen Teil aus Gold und ist daher als Mitgift in JEDEM Haus zu finden, weil es fuer die Frau als einziger Besitz, als finanzielle Sicherheit nach der Heirat gilt) vor uns, und waehrend beim Umblaettern der Seiten eben ein leises Klingeln von ihren Goldarmbaendern ausgegangen ist, habe ich mich wiederholt gefragt, ob sie sich denn alles so ertraeumt hatte, wie es nun gekommen war.

Ein Maedchen (Durchschnittsalter bei der Hochzeit so um die 19 bis 20; Maenner dementsprechend aelter) zu verheiraten, bedeutet auch heute noch fuer die Brauteltern sich heillos und oft lebenslang zu verschulden, um die Mitgift an den zukuenftigen Gatten zahlen zu koennen. Ein Sohn hingegen steigert das Vermoegen (s)einer Familie. Es bestuerzt mich zu sehen, in welchen Frauenrollen die jungen Inderinnen immer noch drin stecken. Und auch so manchem jungen Vater wird nach der Geburt seiner kleinen Tochter auch heute noch oftmals eher Beileid als Herzliche Gratulation entgegen gebracht, d.h. somit der maennlichen Nachkommenschaft definitiv die Bevorzugung gegeben. Wie schon Adiga in „The White Tiger“ die Hochzeiten der Burschen als „good ones“ im Gegensatz zu den „bad ones“ der Maedchen („It was one of the good marriages. We had the boy and we screwed the girl’s familiy hard…“) beschrieben hat, stellen die Feierlichkeiten fuer eine Maedels-Familie eine nicht selten arge oekonomische Belastung fuer den gesamten Familienkomplex dar, denn indische Hochzeiten werden in ganz groszem Rahmen zelebriert: Bei den letzten Hochzeiten, von denen wir in der Gegend gehoert haben, sind 600 bis 1000 Leute eingeladen gweesen!
Trotz eines solchen Freudentages kann man aber nicht behaupten, dass „alles was Gold ist, glaenzt“, denn die Maedchen hier haben sich auf eine lebenslaengliche Benachteiligung schlichtweg einzurichten (klar, Kerala ist sehr konservativ und in den Staedten sieht das sicher alles anders an), stehen ihren Maennern als Bedienerinnen zur Verfuegung, schupfen den Haushalt, kochen, hueten die Kinder und halten sich eher im Hintergrund, um nicht aufzufallen. Die Gesellschaftsordnung MUSS in diesem Bundesstaat beibehalten werden und so veroeffentlicht „The Hindu“ jeden Sonntag seitenweise Heiratsannouncen, wo man nach Stand, Kaste, Karriere und Horoskop „matchen“ kann („Brides/Bridegrooms wanted“). Viele Heiraten sind immer noch komplett (von den Elternpaaren) arrangiert, manchmal sehen sich die Brautleute nur ein einziges Mal vor ihrem gemeinsamen groszen Tag.
Wie unvorstellbar waere das fuer mich… hier wuerde ich sicher NEIN sagen… wenn ichs schon bei den Keksen nicht schaffe… Divya und Rajesh wuensch ich jedenfalls alles Gute! Ich bin sicher, in ein paar Monaten werden auch sie ein Baby im Arm schaukeln. Ich hoff, es wird ein… MAEDL!

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